Würdest Du gerne wissen, wie schön und vielseitig Du bist?
- Anja Böhm

- 12. Juli 2023
- 2 Min. Lesezeit
Kapitel 1 – Blick auf Dich

Ich bin der absoluten Überzeugung, dass wir uns viel mehr, nein, wir sollten es kultivieren und als Usus einführen, sagen müssen, was wir an dem anderen schätzen. Was wir mögen, bewundern, schön finden und was wir an ihr oder ihm umwerfend finden. Was uns fasziniert, träumen lässt und in andere Welten entführt. Wir gehen davon aus, dass dies unserem Gegenüber bewusst ist. Aber dem ist nicht so. Wir, wir selbst, die umwerfend, faszinierend und wunderschön sind, wir wissen das nicht. Weißt du, wie schön Du bist? Willst Du es gerne wissen?
Dann nehme ich Dich jetzt mit auf die Kücheninsel von Viola, wo ich vor einer Weile sass und ein Glas Weißwein getrunken habe, während sie für uns, Ihren Mann und für unsere fünf Kids gekocht hat. Wohlgemerkt für uns drei Erwachsene extra etwas Richtiges mit grünem Spargel, Champignon und Tomaten, keine Kinderpampe. Zwei Essen also. Für insgesamt acht Personen. Währenddessen hatte sie eine kleine Krise der Kleinen und eine doch etwas grössere von dem Mittleren gemanagt, Ihre persönlichen Grenzen kindgerecht gewahrt, die Spülmaschine aus und wieder ein geräumt, die Küche geputzt und sich mit mir angeregt und freudig unterhalten.
Das Ganze hat rund 30 Minuten gedauert. Den Tisch habe ich gedeckt. Was denkt Ihr denn?
Für Viola ist das nichts Besonderes. Sie tut das mehr oder weniger jeden Tag drei Mal. Nur sitzen wir nicht jedes Mal auf der Kücheninsel und trinken ein Glas Weißwein. Tatsächlich leider, denn es ist immer köstlich und die Gesellschaft wunderbar.
Ich sitze also da und staune. Ich staune über ihr mannigfaltiges Multitalent und im speziellen darüber, dass ihr ganz augenscheinlich nicht bewusst ist, was sie alles gleichzeitig tut. Und wie schön sie ist, in und mit all dem.
„Viola?“
„Ja?“
„Das ist der Wahnsinn, was Du alles gleichzeitig machst!“
Ich zähle ihr auf, was ich sehe: „Essen für acht Personen individuell planen, vorbereiten, ausführen und nachbereiten. Spontanes, erfolgreiches Krisenmanagement-Gespräch mit zwei noch nicht ganz zurechnungsfähigen Menschen, parallel. Quality Time mit einer Freundin und Spaß. Organisieren und in Ordnung halten der Umgebung. Ton und Auftreten: der jeweiligen Situation angemessen und absolut souverän. Optisch und im Handeln absolut charmant. Und trotz alledem, hörst Du jede Nuance, in dem was ich sage und reagierst darauf.“
Sie schaut mich an und sagt, dass dies das Wertschätzendste und Schönste sei, das ihr seit langem jemand gesagt habe. Dass es jemandem auffällt, dass es jemand sieht und eben – auch sagt. Und das liegt keineswegs an einem nicht wertschätzenden Umfeld, sondern schlicht und einfach daran, dass wir Positives seltener wahrnehmen und aussprechen als Negatives.
Wie wäre es also als Experiment mit folgendem Blick auf unsere Umgebung?
Ich sage täglich EINEM Menschen was ich an ihr/ihm schätze, was mich fasziniert und beflügelt.
Denn das Geheimnis ist keines. Wenn wir wissen wollen, wie schön und faszinierend wir sind, dann ist es ein wunderbarer Anfang, es uns gegenseitig zu sagen.
Viola ist ganz unserer Meinung.



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